William
Shakespeare
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"Hamlet" (Figurentheater Chemnitz) | ||
Premiere
am 24. Februar 2001
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Regie: Manfred Blank | |
Bühne: Peter Germanius de Kepper | ||
ARTHUR MILLER ÜBER HAMLET, DIE TRAGÖDIE UND DEN VERLUST "Es mag mir unbekannte Ausnahmen geben, doch ich glaube, dass unser Gefühl für tragische Zusammenhänge meistens dann lebendig wird, wenn wir einem Charakter begegnen, der bereit ist, für ein bestimmtes Ziel notfalls sein Leben zu opfern: für die Wahrung seiner persönlichen Würde. |
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Bühnenbildentwurf von Peter Germanius de Kepper |
Von Orest bis Hamlet, von Medea bis Macbeth, immer sehen wir Individuen, die um ihre rechtmäßige Stellung in der Gesellschaft ringen. Wenn also die Tragödie aus dem unwiderstehlichen Zwang eines Menschen folgt, seinen ihm zustehenden Wert zu behaupten, dann weist seine Vernichtung bei diesem Versuch der Selbstbehauptung auf ein Unrecht oder ein Übel in seiner Umwelt hin. Und genau das ist die Moral und |
Lehre
der Tragödie. Die Offenbarung des Sittengesetzes, und das ist die Erkenntnis,
die die Tragödie vermittelt, ist nicht die Offenbarung irgendeiner abstrakten
oder metaphysischen Größe. Das Recht auf Tragik ist eine Bedingung unseres Lebens überhaupt. Sie muss gegeben sein, wenn sich der menschliche Charakter entwickeln und verwirklichen können soll. Unrecht ist, was den Menschen unterdrückt, was die Verwirklichung seiner Liebe und seiner schöpferischen Kräfte pervertiert. Die Tragödie klärt auf, das muss sie, indem sie durch die Figur des tragischen Helden den Feind der menschlichen Freiheit entlarvt. Der in ihr aufbrechende Hang zur Freiheit erhebt uns über uns selbst. Die revolutionäre Infragestellung der festgefügten Umwelt erfüllt uns mit Schrecken. Solche Gedanken oder Handlungen sind dem einfachen Menschen in keiner Weise verwehrt. |
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Es wird keine Tragödie geben, wenn ein Autor nicht wagt, absolut alles und jedes in Frage zu stellen, wenn er jede Institution, jede Lebensweise oder Gewohnheit als immerwährend, unveränderlich oder unvermeidlich betrachtet. In der Tragödie geht es einzig und allein um die völlige Selbstverwirklichung eines Menschen, und was immer seine Persönlichkeit einschränkt oder herabsetzt, wird angegriffen und in Frage gestellt. Was nicht heißt, dass die Tragödie Revolution predigen muss. Wenn wir uns die großen Dramen anschauen, Hamlet, | |
Oedipus, König Lear,
dann stellen wir vor allem eines fest: Alle diese Stücke untersuchen
das Thema des Verlusts, des Entzugs eines früheren paradiesischen Zustandes
des Glücks und der Ausgeglichenheit, der ungerechterweise zerschlagen
wurde, und den der Held und die Zuhörerschaft versuchen wiederzuerlangen
oder mit neuen Lebensmaterialien der eigenen Vergangenheit wieder zu
erschaffen. Aus: Arthur Miller "Broadway von O'Neill bis heute" |
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Die Lichtgestaltung zu diesem Stück habe ich mit meinem Freund Ingo Friede erarbeitet. | |
KRITIK: Tod mit Puppen
im kalten Staate Dänemark Es ist kalt im Staate
Dänemark, den die Chemnitzer Puppenspieler auf der Bühne des Schauspielhauses
entstehen lassen: metallene Wände, schwarzer Grund. die Spieler haben
die Kragen ihrer schwarzen Mäntel hochgeschlagen. Auf diesen "Hamlet",
die neueste Inszenierung des Chemnitzer Figurentheaters im Schauspielhaus,
die am Samstag Premiere feierte, muss man sich einlassen. Katja Solbrig, Freie Presse, 26.02.2001 ___________________________________________________________ UNENTSCHLOSSEN
UND UNSPEKTAKULAR Verschiedene Menschen eilen über die Bühne. Jeder hat ein Requisit dabei, ein Symbol. Dann geht sie los, die Familientragödie vor machtpolitischem Hintergrund. Der einigermaßen rege Theaterbesucher hat die Geschichte schon oft gesehen, die Ankündigung dürfte dennoch zu einem neuerlichen Hamlet-Erlebnis hinreißen: Diesmal nimmt das Chemnitzer Figurentheater den Shakespeare in Angriff. Klingt spannend, vor allem nach interessanten Momenten zwischen Abstraktion und Interpretation. Aber nein. Regisseur Manfred Blank schickt das Ensemble auf die Schauspielbühne, verlangt vergebens mimische Qualität und vergibt die Chancen des Genres. Dass sie alle ein Zeichen tragen, sieht anfänglich nach Rechtfertigung aus, und später macht es auch nicht wirklich Sinn. Erst als tatsächlich Puppen eingreifen, wird das Geschehen doch noch prickelnd. Dann erfährt die Inszenierung jene wohltuende Leichtigkeit, die Raum für Phantasie und Deutung lässt. Das liegt fraglos auch am Auftreten der Akteure, die, zurück im eigentlichen Element, wesentlich gelassener und überzeugender agieren. Da gelingt Martin Vogel plötzlich ein Hamlet, den innere Zerrissenheit treibt. Der Beobachter ist klaren Sinns, der Akteur nur zynisch und unberechenbar. Er macht den Kasper in einem bösen Spiel, kommentiert mit scharfer Zunge und teilt aus mit hartem Schlag. So einer lässt sich natürlich nicht von zwei verschnupften Handlangern überrumpeln. Oder doch? Jedenfalls verleiht Gerlinde Tschersich den beiden Freunden Rosenkranz und Güldenstern eine solch feine Hintertriebenheit, dass der Fall so klar gar nicht liegt. Eigentlich. Tatsächlich ist längst aufgefallen, dass sich die Inszenierung grundsätzlich an die Vorlage hält - und gänzlich auf Experimente verzichtet. Der neue Name des Ensembles ist eben leider noch nicht Programm. Jenny Zichner, Stadtstreicher, April 2001 ___________________________________________________________ SCHWARZVERHÜLLT AUF ROLLEN "Die Puppe, als ein lebloser Gegenstand, kann auf der Bühne zerrissen, in ihre Bestandteile zerlegt, ausgelöscht werden, der lebendige Darsteller nicht. Die spielerische Vorführung, Andeutung, Ausführung von Gewalt durch den Darsteller wird, wenn ihm die aus Material gebaute ,Figur' dafür stellvertretend hilft, zur wirklichen Zerstörung (...) Das Figurentheater Chemnitz zeigt im Schauspielhaus der Stadt Shakespeares "Hamlet" in solch fesselndem Dialog zwischen Menschen und Puppen. Das birgt vielfältige Überraschungen (...) Hamlet verbirgt sich in einer schwarzverhangenen, auf Rollen gelagerten Kabine. Das Versteck ist seine Welt, auch (...) wenn Hände herausragen und ,sprechen' (...) Manfred Blank, der Regisseur, erzählt die nur allzu bekannte Geschichte auf mehreren Ebenen. Der handelnde Mensch hat sein Double, die aus Stoff und Metall gefügte Skulptur. Was geschieht, wird im Fahren und Drehen und Rollen auf glattem Boden gesteigert, vergrößert, durchaus auch vergröbert (...) Mit staunenswertem Selbstbewusstsein finden sich die Darsteller in ihre doppelte Aufgabe - zu spielen und Herrscher zu sein über die ihnen beigeordneten Gegenstände, Puppen, Figuren (...) Dem Figurentheater Chemnitz gelingt es jedenfalls, mit seinem "Hamlet" wieder einmal nachdrücklich auf die reichen Möglichkeiten des Menschen-Puppen-Spiels aufmerksam zu machen - der Beifall war sehr herzlich." Christoph Funke, Neues Deutschland, 01.03.01 ___________________________________________________________
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Erstellt am 05.04.2001 | |||