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Komödie
von Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield
Deutsch von Dorothea Renckhoff
  "Shakespeares sämtliche Werke
(leicht gekürzt)"
 
Premiere am 22. September 2000
     
 
Regie: Bettina Jahnke
    Bühne: Detlef Flähmig
     


Endlich das ganze dramatische Werk Shakespeares an einem Abend! Das geht nicht? Sicher, wenn man bedenkt, daß es sich um 37 Stücke handelt, die, von 1834 Darstellern gespielt, etwa eine geschätzte Aufführungsdauer von über 150 Stunden hätten. Und wer will schon fast eine ganze Woche im Theater sitzen? Sie?
 
Aber das ist auch gar nicht mehr nötig, denn die Autoren und Schauspieler Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield von der amerikanischen Reduced Shakespeare Company haben mit ihrer Kalifornischen Uraufführung von „Shakespeares Sämtliche Werke (leicht gekürzt)" 1987 einen Theatercoup gelandet, der seitdem einen Siegeszug über die Bühnen der Welt angetreten hat und den wir Ihnen nun nicht länger vorenthalten wollen. Von A wie Antonius bis Z wie Zettel wird hier ein Bildungsmarathon zu zwei Stunden geschrumpft, ohne auch nur eine einzige Komödie oder Tragödie, Historie oder ein Königsdrama auszulassen. Von „Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage" ist nur ein kurzer Weg bis „Hast du zur Nacht gebetet, Desdemona?", bevor man konstatieren kann „Es war die Nachtigall und nicht die Lerche". Und damit ist auch schon alles gesagt.
 

Und zwar von genau 3 (in Worten: Drei!) Darstellern, die damit auf eine rasante Achterbahnfahrt durch die wohl bekanntesten Verse der Theaterliteratur gehen. Wohl ein sehr unorthodoxer Umgang mit Klassikern, aber bei dieser genialglückseligen Albernheit steppt der Shakes-Bär den vollkommenen Bühnenblödsinn.
Das Ganze ist eine Comedy in allerfeinster Slapstick-Tradition, ist geistvolles Entertainment für alle Shakespeare-Fans und solche, die es werden wollen, denn dieser Guiness-Buch-verdächtige Kleidertausch-Geschlechter-Verwechslungs-Rausch ist eine große Hommage an den großen Meister aus Britannien und eine Liebeserklärung ans Theater.

   

Die Premiere spielten:

Peter

-

Jan Ole Sroka

Jon

-

Nils Brück

Chris

-

Michael-Paul Milow

 

KRITIK:

ERNSTHAFT
37 Shakespeare-Stücke in zweieinhalb Stunden

Drei Männer geben alles. Das komplette dramatische Werk von William Shakespeare wollen sie aufführen - egal wie. In Zwickau tun sie‘s schon seit letzter Spielzeit. In Chemnitz mittlerweile auch. Und in Annaberg geht‘s demnächst los. Triftige Gründe für solch ein reges Interesse an „Shakespeares sämtlichen Werken, leicht gekürzt" gibt es freilich nicht: Die Spielvorlage von Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield ist schlichtweg übel. Alles nur Comedy - von „Romeo und Julia" bis „Hamlet". Der Brite aus Stratford wird zum Willy. Die Bühne gerät zum Schauplatz groben Unfugs. Nur mit viel Phantasie und brillanten Mimen lässt sich da noch etwas retten. In Zwickau gelang das Kunststück nicht, in Chemnitz zuweilen schon. Während die Westsachsen den puren Klamauk aufführen, in räudigen Kostümen ein vollgeramschtes Podium bespielen, trägt die Chemnitzer Inszenierung mit Würde vor: In der stadtfarbenen Arena von Detlef Flähmig gewinnen drei Schauspieler den harten Kampf gegen eine Schmierenkomödie. Nicht durch K.O., aber dennoch deutlich. Allen voran punktet Nils Bruck. Platten Späßen verschafft er feine Ausdeutung, groben Scherzen begegnet er mit sensibler Geste. Als Karikatur der Karikatur zeigt er wahrhaft komisches Talent und drückt die Beine durch. Michael-Paul Milow muss dagegen die Beine in die Hand nehmen. Von der zarten Jungfer bis zum kriegerischen Helden reicht sein Repertoire. Über weite Strecken beherrscht er es auch. Vor allem schützt er die weiblichen Rollen vor Tuntennähe. Mit Jan Ole Sroka ist das Trio komplett und um einen sensiblen Sunnyboy reicher. Voilà! Die drei haben durchaus gut unterhalten. Das liegt wohl zuallererst daran, dass Regisseurin Bettina Jahnke kaum einen lockeren Ulk und wenig billige Maskerade zuließ. Sie konzentrierte das Geschehen vielmehr auf spielerische Finesse. Und das belebte den Abend.

Jenny Zichner, Stadtstreicher Oktober 2000

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Fastfoodpoesie mit Einsteins falscher Zunge

"(...) Was gespielt wird (...) ist die (...) knappste aller knappen Fassungen des summarischen Menschheitsdramas, für das ein Meister wie Shakespeare immerhin 37 Stücke schreiben mußte. Jetzt geht das in einem Zweistundenstück: 'Shakespeares Sämtliche Werke (leicht gekürzt)' (...) Und wie das geht. Gut geht das, sehr gut (...) Das ist Persiflage, freilich, Shakespeare-Fledderei, das macht großen Spaß. Wann ist jemals derart hingebungsvoll, lauthals und ausdauernd gelacht worden im Schauspielhaus? Man kann den neu engagierten Mimen kaum einen besseren Start wünschen als diesen - Jan Ole Sroka, Nils Brück und Michael-Paul Milow gewinnen aus dem Stand ihr künftiges Publikum. Denn dieser gehäckselte Shakespeare-Mist, der hier ausgebreitet wird, will erst einmal gespielt sein, mit allerhöchstem Tempo, mit Blitz-Verwandlungen von einer Figur in die andere (...) Das ist von solch grobschlächtigem Charme, daß kein Motiv für keine Schurkerei mehr unbegründet bleibt."

Reinhold Lindner, Freie Presse, 25.9.2000

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Im Schauspielhaus rappte Othello

"Peter (Jan Ole Sroka), Jon (Nils Brück) und Chris (Michael-Paul Milow) sorgten bei ihrem Shakespeare-Crashkurs für einen Lacher nach dem anderen. Schon beim Einstiegsstück "Romeo und Julia" wurde den Zuschauern von einer seltsam anmutenden Julia und einem Joint-rauchenden Bruder Lorenzo klargemacht, daß es keinen ernsthaften Theaterabend zu erwarten hatte (...) Anschließend folgten der 'Othello'-Rap, eine äußerst kurze Zusammenfassung der 16 Komödien, 'Macbeth' in schottischer Mundart und ein Fußballspiel, bei dem sich alle Heinrichs, Richards und der Rest der englischen Könige bekriegten. Im großen 'Hamlet'-Finale hatte das entspannte Zuschauen dann ein Ende: Das Publikum mußte kräftig mitmischen und die Abgründe von Ophelias Seele darstellen. Fazit: (...) Wer Spaß versteht (...) sollte sich diesen Überblick nicht entgehen lassen."

Nadin Schreiber, Chemnitzer Morgenpost, 25.9.2000

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Sämtliche Werke (leicht gekürzt) als brillanter Spielzeitauftakt

"Eine inbrünstige Liebeserklärung ans Theater: respektlos, kenntnisreich, artistisch, witzig, sogar zotig, wenn man so will, ein echter Brüller (...) Im Schauspielhaus Chemnitz gab es eine Sternstunde des Vollbluttheaters (...) Nils Brück, Jan Ole Sroka und Michael-Paul Milow geben als Shakespeare-Mimen Peter, Jon und Chris (...) einen phänomenalen Einstand (...) Das Publikum lag flach vor Begeisterung, vor allem der 'Hamlet' überwältigte, sogar in der rückwärtigen Version. Schon nach wenigen Minuten war allen klar, hier würde ein exzellenter Theaterabend abgespult werden. Der richtige Ton war sogleich gefunden worden, die Pointen saßen zu Hauf, der rechte Rhythmus wurde erfaßt (...) Ein brillanter Auftakt, so tolles Theater hat man in Chemnitz lange nicht gesehen."

Gottfried Blumenstein, Dresdner Neueste Nachrichten, 27.9.2000

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  Erstellt am 30.09.2000